Olivenöl Test: Briefwechsel mit Stiftung Warentest 1999

Klaus Erhardt, -poste restante-, GR-23200 Gythion, Griechenland

 

An
Stiftung Warentest, Berlin

zu: "Natives Olivenöl extra", test 4/99

 

Seit 4 Jahren lebe ich mit meiner Familie in Griechenland und bin selbst Olivenölproduzent.
Als Kleinerzeuger mit durchschnittlich 1.000 kg Olivenöl haben wir zwar nicht die Ehre, unser Öl von der Stiftung Warentest untersuchen lassen zu können.


Einige Anmerkungen als "Insider" kann ich mir jedoch nicht verkneifen:
Das Label "Natives Olivenöl extra" ist kein Qualitätsmerkmal im engeren Sinn. Handelte es sich bei den von Ihnen getesteten Ölen um Wein, müßten sämtliche Etiketten "Tafelwein" ausweisen und nicht "Qualitätswein". Es handelt sich durchweg um Massenprodukte, die überregional aufgekauft und zentral abgefüllt werden. Eine genau definierte Herkunft oder sogar "Lage" hat keines der Öle.


In der Tat drängt sich jedem die Analogie zum Weinanbau auf, der schon mal gute "Lagenöle" verschiedener Erzeuger probiert hat. Ich selbst bewirtschafte 4 verschiedene Ölhaine in der Mani (Peloponnes). Das Öl eines jeden Olivenhaines hat seinen eigenen, durchaus nicht nur von "speziell trainierten Prüfergruppen" feststellbaren Charakter. (Wäre die Qualitätsbeurteilung von Olivenöl nur fremden Zungen gegeben, wäre ein sensorischer Test ja auch unsinnig, da nicht nachvollziehbar).
Deshalb bekommt mein Öl auch ein eindeutiges Etikett bezüglich der Lage der Felder auf die Verpackung.

 

Ein Skandal ist allein das Fehlen einer Jahrgangsangabe. Öl ist ab der Ernte unbehandelt mindestens 2 Jahre haltbar. Vielleicht kann man aus den Haltbarkeitsdaten ihrer Testöle den Schluß ziehen, daß es sich um Öle oder mindestens um Beimischung von Ölen älterer Jahrgänge handelt. Neues Olivenöl hat ein unvergleichlich intensives "Bukett", während älteres Öl immer milder, neutraler schmeckt.


Das Olivenöl,das auf dem abgebildeten Foto aus dem Abscheider der Ölmühle läuft, hat wenig mit dem Öl in den daneben abgebildeten Flaschen zu tun. Es ist nämlich trübe. Bevor ein "Rohöl" in die Flasche kommt, muß es etliche Filtrationen über sich ergehen lassen. Und bei jeder dieser Behandlungen wird das Öl zwar "sauberer" und klarer. Jedesmal doch bleiben geschmacklich prägende Bestandteile des Olivenöls auf der Strecke.

 

Was mich allerdings zum Wiederspruch reizt, ist Ihr "Rat": "Gutes Olivenöl gibt es bereits für weniger als 6 Mark pro Liter"!


Der Händlerpreis von neuem Olivenöl nativ extra beträgt in Griechenland zur Zeit ca. 5 DM pro Kilo, umgerechnet auf 1 Liter also ca. 4,50 DM. (EG-Subventionen sind nicht eingerechnet). D.h. das Öl wird für 4,50 DM aufgekauft, durchläuft verschiedene Stufen der Behandlung, durchläuft eine Kette von Groß- und Zwischenhändlern und kommt zum Schluß für unter 6,- DM auf den Tisch des Verbrauchers.

Entweder ist dies also soziale Marktwirtschaft, wo niemand Gewinne macht, oder der fällige Profit wird über andere Mittel erzielt als über die Preisaufschläge.

 

Berlin, 6.4.99

Klaus Erhardt

 

... die Antwort von Stiftung Warentest:

"Antwort von Stiftung Warentest zum Olivenöltest 1999"

 

Fazit: Was müssen Sie wissen, wenn Sie sich auf Stiftung Warentest verlassen?

Hier reichen zwei Zitate aus dem Antwortschreiben, die zeigen, daß durch solche Tests lediglich der Verbraucher für, gelinde gesagt, dumm verkauft werden soll?:

 

 

"Uns ist bewußt, daß mit diesem Test 'nur' die 'Massenware Olivenöl', also das untere Ende der höchsten Güteklasse, untersucht wurde. Doch das macht Sinn, denn davon wird am meisten verkauft."
[Anmerkung 1: richtig, und zwar exakt nach Veröffentlichung der Testergebnisse!]

...

"Markenprodukte, wie sie der Verbraucher wünscht, weil sie von gleichbleibendem Geruch und Geschmack sind, können nur durch Verschneiden hergestellt werden."

[Anmerkung 2: die er sich wünscht, weil Warentest ihm vormacht, für 6 Mark bekommt er vom allerfeinsten!]

 

Tja, lieber Warentest-Leser. Das ist doch schön, daß Warentest so genau weiß, was Sie eigentlich wollen, oder?

Auf solche Arroganz gibt es nur eine Antwort: Selber essen macht dick! Bilden Sie sich besser Ihr eigenes Urteil.

 

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